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Palawan Entlang

I haven’t completely forgotten how to write in my native language, German….

Die Philippinen, das fantastische Archipel am Übergang Asiens zu den unendlichen blauen Weiten des pazifischen Ozeans, sind ein faszinierendes und zugleich kontrastreiches Reiseland: Ein Paradies für Taucher und Vogelliebhaber, dessen Wälder aber zunehmend unter illegaler Abholzung leiden und dessen Riffe durch Überfischung bedroht sind. Ein Land mit wunderbar lustigen und extrem gastfreundlichen Leuten, aber auch eine Nation in der einige von Islamisten unsicher gemachten südwestlichen Provinzen selbst für ortsfremde Filipinos zu gefährlich sind. Eine Nation voller hübscher schlanker Menschen, deren Körper selbst sportliche Europäer vor Neid erblassen lassen, aber auch das Land Asiens mit dem größten amerikanischen – Fast Food dominierten – Einfluss auf die Landesküche und einer dementsprechenden fortschreitenden Verfettung der Stadtbevölkerung.

Die westlichste (und eine sichere!) Provinz der Philippinen ist Palawan, oft als „The last Frontier“, also in etwa als der letzte Außenposten bezeichnet. Die Provinz wurde als letzte – zumindest moderat – wirtschaftlich und infrastrukturell entwickelt und ist mit weniger als einer Million Einwohnern noch recht dünn besiedelt. Palawan liegt auf der Sunda-Kontinentalplatte und ist keine Vulkaninsel wie der Rest der Philippinen. Dadurch finden sich hier auch andere Landschaften, die besonders im Norden der Insel extrem spektakulär aussehen. Aus dem Meer ragende Felstürme erinnern an das Versteck des Böselings im James Bond Klassiker „Der Mann mit dem goldenen Colt“ – der Kinoklassiker wurde ebenfalls auf der Sundaplatte, in Thailand, in einer Bucht mit ähnlich erodierten Kalksteinwänden gedreht.

Die Hauptstadt Palawan’s und der Ausgangspunkt der meisten Palawanreisen ist Puerto Princessa, an der Ostküste und in der Mitte der langgestreckten Insel gelegen. Der Flughafen ist nur wenig umfangreicher angelegt als der Mödlinger Bahnhof, und viele Pensionen und Restaurants sind gleich in Gehweite zu finden. Puerto Princessa ist eine angenehme Kleinstadt mit vielen Einkaufsmöglichkeiten für die Einheimischen, das einzige zumindest semi-urbane Zentrum in ganz Palawan.

Man kann in Puerto die auf Palawan vorkommenden Salzwasserkrokodile sowohl lebend in einem Zoo bewundern als auch als „Sisig“, als gebratenes Hackfleisch, kosten – in Kombination mit dem obligatorischen San Miguel Pilsen gar nicht schlecht! Am Abend kann man sich vom rhythmischen Blinken der Glühwürmchen an einem Flussufer etwas außerhalb von Puerto Princessa bezaubern lassen. Man wird da durch die stillen Mangroven gerudert, und sobald sich die Augen etwas an die Dunkelheit gewohnt haben ist das gelbliche Licht der Glühwürmchen ein wunderbarer Gegenpunkt zum hellen, von urbanen Licht ungetrübten Sternenlicht.

Im zweiten Weltkrieg, 1944, haben die japanischen Besatzer in Puerto Prinzessa über hundert amerikanische Kriegsgefangene in einem Luftschutzbunker bei lebendigem Leibe angezündet. Nur wenige der Amerikaner konnten entkommen und über die Hafenbucht zu einer Mangroveninsel schwimmen und sich dort verstecken. Eine Gedächtnisstädte in einem Park neben der Kirche erinnert an dieses furchtbare Ereignis. Eine Skulptur zeigt einen sich windenden Mann, und die Namen der Ermordeten und der Entkommenen sind auf Steintafeln zu lesen. Wer solche Orte des Grauens selbst besucht versteht wieso die mangelnde Vergangenheitsbewältigung Japans wie die Ehrung toter Japanischer Kriegsverbrecher durch lebende Japanische Politiker in Ostasien immer noch regelmäßig politisches Grummeln auslöst.

Etwas weiter nördlich, an der Westküste von Palawan, liegt Sabang und der dortige, weltweit längste durchgehend befahrbare unterirdische Fluss. Von Hafen des kleinen Ortes aus geht es an einer Küste mit steilen waldigen Hügeln entlang mit einer Banka (dem traditionellen philippinischen Auslegerboot) zu einer Bucht nahe dem Hölleneingang. Dort muss man sich dann noch einmal gedulden bis man an die Reihe kommt mit einem kleinen Boot in den Untergrundfluss hineingerudert zu werden. Im Wartebereich schleichen einen satten Meter lange Warane um die üppige tropische Vegetation herum. Es sind dies nicht domestizierte, aber offensichtlich schon an Menschen und GoPro’s gewohnte Tiere.

Wie immer in solchen Tropfsteinhöhlen werden die Felsformationen zum Rohrschachtest, und die katholischen Filipinos sehen natürlich die Mutter Maria, wo mir nur ein paar eigenartige Gesteinswirbel aufgefallen sind. Der „Dinosaurier“ Felsen sieht allerdings auch für meine atheistische Fantasie wie ein Riesenechsenkopf aus. Tausende von Fledermäusen sausen zwischen den Felsen umher. Ein Erlebnis!

El Nido von Oben

Eine 5 stündige Busfahrt Richtung Norden liegt El Nido. Leute mit empfindlichen Magen sollten vor der kurvenreichen Fahrt entweder entsprechende Medikamente gegen Reisekrankheit einnehmen oder sich zumindest vorher beim „Lechon manok“, dem Filipino Grillhendel, zurückhalten, wie der nette Ladyboy der in unserer Pension an der Rezeption saß uns riet. Ein Mann mit langen Haaren in Frauenkleidern, der mit gekünstelt femininer Stimme spricht ist in einem Job mit Kundenkontakt in den katholisch-konservativen Philippinen nichts besonderes – erneut ein interessanter Kontrast. Hier wird über Genderfragen nicht verbissen auf Twitter gekämpft, sondern Toleranz selbstverständlich im Alltag gelebt.

Dame mit Hut im Meer vor El Nido

Reisen in den Philippinen heißt oft warten. Wenn die See zu rauh ist, dann klappt es mit der Überfahrt zur nächsten Insel halt heute nicht. Wenn die Schiffsschraube an der Banka schlecht befestigt ist und ins Meer fällt, dann auch nicht. Der Bus kommt manchmal rechtzeitig, manchmal zu spät und manchmal gar nicht. Aber das macht alles nichts wenn man sich genug Zeit nimmt. Man muss sich nur entspannen und die Augen offenhalten. Über einer Busstation in El Nido konnte ich einen Palawan-Nashornvogel kreisen sehen, einen seltenen und endemischen (nur in Palawan vorkommenden) Vogel. Auch weniger seltene tropische Tiere sind oft sehr unterhaltsam, besonders die flinken Geckos auf der Decke bei der Jagt nach den in die Zimmerbeleuchtung fliegenden Moskitos und Nachtfaltern. Jedem Gecko gehört etwa ein Quadratmeter Zimmerdecke als Jagdrevier, und wenn sich eine andere Echse dort hinein wagt wird sie mit schnellen Bissen vertrieben.

Leicht kommt man beim Warten auch mit den Einheimischen ins Gespräch: Die Leute können gut Englisch, haben viel Humor und sind wirklich an den Besuchern ihres Landes interessiert. Woher man denn komme? Fragen zum Familienstand folgen meist sehr schnell: ob man denn verheiratet ist, und schon einige Kinder hat? Wenn das nicht der Fall ist, ob man denn plane eine Filipina zu ehelichen?

El Nido zieht ein junges „Backpacker“ Publikum an. Unter Tags ist Inselhüpfen oder eine Kajaktour angesagt. Die Landschaft in der Umgebung von El Nido ist selbst für Weitgereiste etwas ganz besonderes. Der Ort selbst ist von steilen Felswänden eingerahmt, und die unbewohnten Inselchen die man als Inselhüpfer zu sehen bekommt ragen teils vertikal aus dem Meer. Die nicht ganz senkrechten steilen Flanken sind mit dichter tropischer Vegetation bewachsen. Man kann hier Adler oder Nashornvögel über den Bäumen kreisen sehen. Gelegentlich turnen – sehr scheue – Affen auf den Felsen an den Küsten der Inseln vor El Nido umher. Um zu einem der beinselhüpften Strände zu kommen (dem „secret beach“) muss man durch einen Tunnel schwimmen, der bei hohem Wellengang nicht passierbar ist.

Am Abend gibt es live Reggae am Strand. Der vielleicht 19-jährige Gitarrist ist ein Meister seines Effektbrettes. Die in den üblichen Flip-Flops steckenden Füße sausen über die Pedale. Der Sänger nimmt noch einen schnellen Schluck von seinem Bier und widmet sich dann mit Inbrunst dem Mikrofon. Der Bongo-Spieler, wahrscheinlich weniger musikalisch unverzichtbar als seine jüngeren Bandkollegen, besticht aber durch interessante Tattoos die sich bis auf seinen Hals hinauf ranken, und durch einen exzentrischen Bart. Wenn es einmal bei einem Song weniger Bongo zu spielen gibt führt er ein kleines Tänzchen mit einem der am Strand herumstreunenden Hunden auf.

Nördlich von El Nido ist die Hauptinsel Palawan, nicht aber die Provinz Palawan zu Ende. Nach ein paar Stunden Fahrt mit der Banka zwischen atemberaubenden und spärlichst bewohnten Felsinseln trifft man auf die Linapacan-Inselgruppe. Unterwasser finden sich selten betauchte, fast unberührte Korallenriffe die selbst Taucher die schon viel gesehen haben – wie mich – in Begeisterung ausbrechen lassen. Die Biodiversität der Hart- und Weichkorallen, Schwämme, Fische und Nacktschnecken lässt einen nur staunen. Putzerfische animieren durch einen Tanz mit schnellen, abgehackten Bewegungen Riffbarsche und Falterfische dazu, sich die Parasiten vom Körper beißen zu lassen. Einen halben Meter lange Kalmare paaren sich vor den Augen unserer Tauchgruppe.

Sonnenaufgang in Linapacan

Die nächste Inselgruppe ist Culion mit Nebeninseln. Der Ort Culion blickt auf eine interessante Geschichte als Leprakolonie während der amerikanischen Kolonialzeit zurück. Um die Leprakranken von den gesunden Leuten zu isolieren und weitere Ansteckungen zu vermeiden wurden diese im ganzen Land eingesammelt und gegen ihren Willen nach Culion gebracht. Dort versuchte die koloniale Verwaltung allerdings eine vorbildliche Infrastruktur und medizinische Versorgung zur Verfügung zu stellen. Das charmante Hotel Maja war zu Leprazeiten der Schlafsaal der erkrankten Mädchen. Die Leintücher wurden seitdem allerdings gewechselt – ich habe zur Sicherheit extra nachgefragt. Die Bewohner von Culion sind stolz auf ihre ungewöhnliche Geschichte und halten die historischen Gebäude des Ortes wie das Krankenhaus und die Kirche gut instande, Infotafeln erklären die Bedeutung der Gebäude. Nur wenige Touristen landen in Culion, und oft sind es eher Filipinos aus anderen Landesteilen die mehr über die Geschichte ihrer Nation lernen wollen. Hier hat man die Chance das typische philippinische Landleben zu sehen.

Von Culion aus sieht man am Horizont schon die ganz im Norden der Provinz Palawan liegende Busuanga Inselgruppe. Schon eine Stunde vor der Ankunft sieht man vom Boot aus die felsigen Steilwände der gebirgigen Insel Busuanga aus dem brilliantblauen Meer emporragen. In der Endphase des zweiten Weltkriegs im Pazifik, im September 1944, hielt die Japanische Admiralität das Labyrinth aus kleinen Inselchen zwischen Busuanga und Culion für ein ideales Versteck vor den heranrückenden Amerikanern. Das war aber eine Fehleinschätzung der Lage, und Aufklärungsflugzeuge der US Marine hatten die japanische Flotte bald entdeckt. Admiral Chester „Bull“ Halsey schickte daraufhin seine Sturzkampfbomber nach Busuanga die alle japanischen Schiffe umgehend versenkten. In den sieben Jahrzehnten nach dem erfolgreichen Luftangriff gegen die Schiffe der Besatzer ist nicht Gras über die Sache gewachsten, sondern Korallen und Schwämme. Es sind aus den Wracks fantastische künstliche Riffe geworden. Auf dem größten Wrack, der Okikawa Maru, einem Tanker, lebt ein massiver Zackenbarsch, er entspannt sich meist in der Gegend des von der Fliegerbombe ins Wrack gerissenen Kraters am Bug.

Ein besonders hübscher Kugelfisch

Nach dem Tauchen geht es mit dem Tricycle vom Hafen ins Ortszentrum von Coron, der Hauptstadt von Busuanga. Tricycles, in den ganzen Philippinen als Taxis verbreitet, sind Kleinmotorräder an die ein begabter Hinterhofschweisser einen Seitenwagen abgebracht hat. Man ist dem Strassenleben sehr nahe wenn man sich in einer Tricyclekabine festklammert. Hunde, Kinder, die ubiquitären kleinen „Sari Sari“ Geschäfte die durch ein vergittertes Fenster Bier, Softdrinks, Haarschampoo und Dosenfleisch verkaufen sausen alle nur wenige Meter neben dem Tricycle vorbei.

Es gibt in Coron mehr islamische Filipinos als weiter südlich in Palawan. Einige der Damen die an den Strassenecken Souvenirs oder Getränke verkaufen sind verschleiert, teilweise voll verschleiert, aber trotzdem in figurbetonten Leggings unterwegs. Einmal sah ich eine Dame mit Stars & Stripes Leggings und Gesichtsverschleierung durch Coron schlendern. Niemand hat hier Probleme mit solchen Kontrasten. Erneut zeigt sich die pragmatische und unverkrampfte Art der Filipinos.

Vietnam liegt von hier aus direkt westlich, auf der anderen Seite des südchinesischen Meeres. Zu Zeiten des Vietnamkrieges hatten sich nicht wenige Flüchtlinge auf den Weg nach Palawan gemacht. Deswegen sind jetzt in Coron vietnamesische Restaurants zu finden, inklusive des dicken vietnamesischen Kaffees, eine große Freude für den Auslandswiener der sonst seinen Gaumen mit dem philippinischen Instantkaffee quälen muss!

Wracktauchen in Coron

War es immer sehr bequem im Kleinbus oder im Tricycle? Waren alle der billigeren Pensionen in denen ich in Palawan abgestiegen bin komplett Kakerlaken-frei? Ganz sicher nicht! Aber so etwas hält richtige Reisende – im Gegensatz zum Touristen/Konsumenten – nicht von Reisen ab, und meine Tour Palawan entlang war sicher keine Reise die ich missen wollen würde!

Auch von mir (mit Stefan Baehr, der den Grossteil des Buches geschrieben hat!) zum Thema Philippinen:

Neu von mir im Felicitas Hübner Verlag:

Gehirn Extrem!

Reiseinformationen:
Anreise nach Palawan über Manila. Cebu Pacific und Philippine Air fliegen Puerto Princessa und Coron an, AirSwift fliegt nach El Nido. Bustransfers und Fähren innerhalb Palawans sind einfach und kurzfristig lokal zu organisieren.
Tauchen/Touren: Deep Blue in El Nido ist ein professionell geführtes Tauchshop welches mehrtägige Touren von El Nido nach Coron durchführt.
www.deepblueseafari.com

Tao Philippines führt mehrtägige Bootsfahrten von El Nido nach Coron ohne Tauchen, aber mit Campen an den wunderschönen Stränden der Inseln im Norden Palawans durch.
www.taophilippines.com

Unterbringung: Hotels und Pensionen aller Preisklassen finden sich in Palawan, besonders zwischen den tollen Felsformationen um El Nido sind einige spektakulär gelegene Luxusherbergen beheimatet, wie das Matinloc Resort.

Gesundheit: Malaria gibt es nur in wenigen Regionen im Süden von Palawan, nicht in den in diesem Artikel beschriebenen Reisezielen. Durchfall (Hände waschen!) und Sonnenbrand (Hut, lange Ärmel und Sonnencreme!) sind die größten Geißeln des Philippinenreisenden. Es ist auch vor dem Mopedfahren auf den unebenen Straßen zwischen Einheim mit chaotischen Verkehrsmanieren zu warnen, man sieht zu viele Touristen mit daher rührenden schmerzhaften Abschürfungen und gebrochenen Gliedmaßen. Die medizinische Versorgung in den Philippinen ist gut, und die Ärzte sprechen ausgezeichnetes Englisch. Coron und Puerto Princessa verfügen über Krankenhäuser.